Fünf Internet Trends, die die digitale Mediennutzung im Jahr 2014 (und darüber hinaus) betreffen.

1. Aggregatoren

Zum ersten Mal macht das inzwischen angestaubte Wort von ‚Neuen Medien‘ Sinn. Heftig, Likemag und Storyfilter dominieren nicht nur das Soziale Netz, sondern machen den etablierten Portalen die Besucher streitig. Sie kombinieren die Dynamik der amerikanischen Aggregatoren und präsentieren User Generated Content und bereits bearbeiteten User Generated Content besser (schlimmer) als die BILD Zeitung und reißerischer als der Postillon. Im Fall von Heftig so dreist, ungefragt und damit höchstens viertel-legal, dass noch nicht einmal klar ist, wer hinter dieser Plattform steckt und inzwischen sogar eine Belohnung ausgesetzt wurde, um die Betreiber zu identifizieren. Hätte sich Heftig nicht besser ausdenken können … wobei, sie hätten wahrscheinlich mehr Geld ausgelobt.

Natürlich gehört Link-Baiting zum 1×1 des Online-Marketing und ist Grundlage jedes gut gemachten (sic!) SCAM, was diese Form der Professionalisierung (sic! sic!) absehbar erschienen ließ. Wer die meisten Besucher auf seiner Website hat, ist eben in der Lage die meisten Werbeeinnahmen zu generieren.

Der negative Überraschung daran ist, wie niedrigschwellig, um nicht zu sagen stumpf, die Masse im Internet zu bewegen ist. Bildung für alle? Informationen in Echtzeit? Demokratisierung und Ursprung sowie Potenzierung von grünen und orangenen Revolutionen? Eine bessere Welt? Die Rede von Lobo zur Lage der Nation habt ihr gesehen. Das Likemag gibt es in der Schweiz auch in gedruckter Form.

2. Twitter jetzt leise und laut?

Es gibt eine Sache, über die sich Nutzer und Seiten-Betreiber auf Facebook (insofern sie davon wissen) weitestgehend einig sind und das ist die Unzufriedenheit mit dem Alghorithmus von Facebook, der anhand von gesammelten Daten und bezahlten Anzeigen darüber entscheidet, welche Freunde, Firmen, Marken und Idole im Stream auftauchen.

In Wahrheit ist diese Bevormundung eine Hilfestellung, denn die ungefilterte Anzeige von tausenden Meldungen hunderter Profile würde die Nutzung des sozialen Netzwerkes nahezu unmöglich machen. Auch wenn die daraus entstehende absurde Chronologie und das stetige Wiederholen einzelner Beiträge, dem Nutzererlebnis starke Einbußen verleiht, um es positiv auszudrücken.

Twitter hatte dieses ‚Feature‘ nicht. Warum auch? 140 Zeichen, gekürzte Links und ein funktioneirender Filter hielten die Übersicht weitestgehend aufrecht. Mit der Anzeige von Vorschaubildern aus TwitPic, Youtube Videos und zukünftig vielleicht auch aus den Links hat sich dies geändert. Mit dem Update des Profildesigns kommt hinzu, dass einzelne Tweets je nach Interaktion größer oder kleiner angezeigt werden. Spätestens wenn das auch im Stream umgesetzt wird, ist der Nachrichtenkonsum kaum noch händelbar.

Die Lösung hierfür, einzelne Personen zu muten, also aus dem Stream zu entfernen, ist nur scheinbar sinnvoll, da sie das Prinzip des Verfolgens ad Absurdum führt und der ohnehin verbreiteten Unart Follower nicht über Inhalt und Interaktion, sondern über das Verfolgen selbst zu generieren, weiteren Vorschub leistet. Das Prinzip ‚Komm wir verfolgen uns gegenseitig, aber mich interessiert nicht, was du schreibst.‘ kann nicht die Lösung für ein Soziales Netzwerk, ein Kurznachrichtendienst, eine Echtzeitsuche und auch nicht für eine interaktiv anmutende Werbeplattform sein.

All das ist Twitter und will doch vor allem eine Plattform für Künstler und Institutionen sein, die ihre Nachrichten One Way (wie früher …) an Fans, Supporter, Presse weitergeben wollen – auch und gerade an die, die eben keinen eigenen Twitteraccount besitzen.

In diesem Zusammenhang machte auch die kolportierte Übernahme von Soundcloud Sinn (die inzwischen widerufen wurde). Justin Bieber, Lady Gaga, Rihanna sorgen für den Traffic auf der Plattform. Alben nach Hashtags zu benennen, gehört nicht erst seit MC Fitti ebenso zum guten Ton, wie flankierende Kampagnen und die kostenfreie Vorabveröffentlichung einzelner Songs (zuletzt Jan Delay/Beginner, Beatsteaks).

Mit dem eigenen Dienst Twitter Music ist der Dienst gescheitert, warum es also nicht mit der gewachsenen Expertise eines spezialisierten Netzwerkes versuchen? Auch wenn die Blogrebellen schon einen Abgesang auf das Berliner Startup angestimmt haben.

3. Kann Google ’social‘?

Die Frage ist so alt wie der Begriff Web 2.0 und das vermeintliche Ende von Google+ eine Geschichte, die eigentlich auserzählt sein müsste. Dabei muss die Frage anders gestellt werden: Will Google ’social‘?

Die Frage ist rhetorisch, denn Google verdient sein Geld immernoch und weiterhin mit den Nutzerdaten und den Anzeigen in der weltweit erfolgreichsten Suchmaschine und egal ob Google+ als Netzwerk bestehen bleibt oder nicht, zumindest der +Button wird uns erhalten bleiben, sorgt er doch für die Daten in Bezug auf Nutzerverhalten und Relevanz, die der Konzern braucht.

Doch Google ist mehr als eine Suchmaschine oder ein Werbenetzwerk, auch als Soft- und Hardware Entwickler hat sich der Internetriese zurecht eine große Fangemeinde aufgebaut.

Mit dem Zukauf von Youtube hat Google zudem schon vor knapp zehn Jahren die Wichtigkeit und Relevanz des Internetfernsehens erkannt und mit Diensten wie dem Livestreaming, dem Hangout/Hangout on Air quasi Stand-Alone Lösungen geschaffen, zumindest was die Performance und Reichweite angeht.

Nun ist Google wieder auf Shopping Tour und im Gespräch für die Übernahme von Twitch. Damit würde eine Lücke im bisherigen Ökosystem geschlossen. Während es bzgl. Archiv- oder Echtzeit Bewegtbildern ohnehin kaum nennenswerte Alternativen zu den Gratistools gibt, nutzt vor allem die jüngere Zielgruppe Twitch um kommentierte Computerspiele zu veröffentlichen oder zu verfolgen. Mit der Übernahme würde die Infrastruktur zukünftig nicht nur TV Shows, Events, Interviews sondern auch Screencasts (egal ob es Spiele oder Unboxing sowie Testing Videos) gratis und wahrscheinlich sehr nutzerfreundlich ermöglichen.

4. Werbung, Werbung, Werbung

Was könnte man mit der Masse der technischen Möglichkeiten und der Reichweite im sozialen Netz nicht alles anstellen, doch das Ziel der großen Plattformen besteht ausschließlich darin, sich entweder über Werbung zu finanzieren (Google, Facebook, Twitter) oder die eigene Plattform irgendwann mit einer hohen Nutzerzahl an werbefinanzierte Plattformen (Google, Facebook, Twitter) zu verkaufen. Genau darüber hab ich mich vor anderthalb Jahren folgenlos ausgelassen und muss es nicht wiederholen, sondern nur wieder holen. Bitte hier entlang.

Doch was gerade über interworld.de die Runde macht, nämlich dass das größte Social Network (Facebook) mit dem größten Marketing Network (Publicis) gemeinsame Sache macht, sollte zu denken geben.

weil Facebook für das Thema ‚mit Werbung Geld verdienen‘ den erfahrensten und potentesten Partner ins Boot holt und sich gleichzeitig die Einnahmen sichert.

weil ein nicht zu unterschätzender Marktvorteil für Publicis entsteht, indem exklusive Kampagnen für die Präsenz auf Facebook, Instagram (und Whatsapp?) geschaffen werden.

weil die Nutzerdaten noch schneller den Besitzer wechseln und entsprechend missbraucht werden können.

5. Der Trend geht zur Zweit-App (und wieder zurück zu einer?)

Wieder hat es Facebook vorgemacht. Beziehungsweise ist das Netzwerk gerade dabei, den Messenger aus der Facebook App zu entfernen. Angeblich aus Performancegründen. Es könnte aber auch sein, das die adoptierte Tochter Whatsapp gefördert werden soll. Wozu braucht Facebook mittelfristig zwei Messengerdienste mit mehreren Millionen und teilweise identischen Nutzern? Eben.

Das Foursquare sich selbst neu erfindet, hat bekanntlich nichts mit Zukäufen zu tun, sondern eher mit dem Ziel, selbst Geld zu verdienen oder zumindest einen solventen Partner zu finden. Lange war der Dienst im Gespräch für Facebook und Google, die sich aber lieber auf eigene Tools in diesem Zusammenhang konzentrierten. Auch deshalb weil der Foursquare Boom nicht angehalten hat und die Nutzerzahlen seit ein paar Jahren stagnieren.

Und das soll die Lösung sein:

Die Foursquare App will sich interssant(er) für Orte und Geschäfte machen, Nutzer sollen Ziele wie Geschäfte, Resaturants, Hotels, Sehenswürdigkeiten entdecken, vergleichen und im besten Fall sofort besuchen und bewerten. Hintergrund ist die Monetarisierung der Präsentation durch solche Orte, wie sie beispielsweise von Yelp oder anderen Vergleichportalen bekannt ist. In diesem Zusammenhang werden soziale Komponenten inkl. der globalen Mayorships abgeschaltet. Die Foursquare Specials bleiben wohl erhalten, sind sie doch das letzte, verbleibene Alleinstellungsmerkmal und die Chance als Tool bzw. Datenpool übernommen zu werden.

Die Kommunikation und Interaktion mit anderen Usern inkl. der Badges soll jedoch auf der neuen Swarm App stattfinden. Wer von meinen Freunden ist in der Nähe und wer ist der Bürgermeister aus meinem Freundeskreis? Welcher meiner Bekannten hat die meisten Punkte, die meisten Check-ins, die meisten Fotos? Foursquare baut einen Closed Shop, um im Bild zu bleiben und tritt damit in noch direktere Konkurrenz zu Facebook. Die App wird zu einem ähnlichen Activity Stream, deren einzige Chance es ist, chronologisch zu surfen und noch von Werbung verschont zu bleiben. Das Risiko sich mit diesem Schritt überflüssig zu machen, bleibt trotzdem bestehen, zumal die Übernahme durch einen größeren Player immer unwahrscheinlicher wird. Aber vielleicht ist das Ende dieser Interaktionen sogar der eigentliche Plan …

Fazit:

Es ist wenig Überraschung, aber immerhin noch viel Bewegung im Spiel, die momentan aber leider und fast ausschließlich den großen Playern in die Hände spielt.