oder: Warum ich eine Likepage auf meinen Namen eingerichtet habe.
Gestern abend war es soweit. Ich habe eine Likepage (früher Fanpage) mit dem Namen Bastian Koch eingerichtet. Jedoch nicht, um meinen (mit Sicherheit vorhandenen) Drang zur Selbstdarstellung zu befriedigen, sondern um Ordnung in meine Social Media Präsenz zu bringen.
Ich habe momentan 283 Freunde auf Facebook. Für manche extrem viel für andere Peanuts. Für mich ist es vor allem irritierend, weil es sich zu einer Melanche aus Schulfreunden, Vereinskameraden (mir fällt gerade kein besseres Wort ein), Urlaubsbekanntschaften, ehem. Kollegen, aktuellen Kunden, Dienstleistern aus vergangenen Projekten als Eventmanager und internationalen Kontakten aus meiner Zeit als Weltenbummler verwachsen hat.
Immerhin hatte/habe ich mit all diesen Freunden richtigen Kontakt – und damit meine ich nicht das bestätigen von Kontaktanfragen sondern tatsächlichen Dialog und Austausch.
However: was macht man nun mit den Freunden? Man kann sie alle in einen Topf werfen und den eigenen Output so steuern, dass das für alle Empfänger eine gewisse Art von Relevanz hat und/oder die eigenen Privatsphäe Richtlinien einhält. Oder man passt das Publikum den Nachrichten, Bildern und Stati (!) an. Hierfür bietet Facebook Freundeslisten. Man kann sortieren nach Schule, Verein, Ausland, Arbeit, Studium, Selbstständigkeit, Fetisch etc. – ist beides relativ aufwendig, wenn einem nicht alles egal ist (Kontakte und Privatheit).
Darüber hinaus kann man diese Listen auch als Empfänger nutzen. Ich habe mich für lesen oder nicht lesen entschieden. Ohne Listen – mit der Ausblendenfunktion. Die wirklich wichtigen Sachen dringen ja dienstlich wie privat doch immer irgendwie durch. Aber das nur am Rande …
Natürlich mache ich mich bereits relativ nackig. Mit Google Profil, Xing und LinkedIn, Twitter, Last.fm … diesem ungepflegten Blog. Trotzdem behalte ich noch viel mehr für mich als das ich es online weitertrage und nutze die Dienste nicht nur für den Out- sondern vor allem für den Input. Möglichkeiten und Trends aufzudecken und in Kampagnen zu verwenden, ist mein Job. Es gibt ja auch ziemlich wenig Kfz.-Mechaniker ohne Führerschein.
Facebook Profile sind darauf ausgerichtet, privat zu sein. Beziehungsstatus, Social Games, vertaggte Fotos/Videos, öffentliche Veranstaltungen, Seiten und auch neuerdings Places sind in der Lage Facebook selbst, Werbepartnern und meinen Freunden je nach Freigabe einen guten Gesamteindruck von dem zu geben, was man wann, wo, mit wem tut. Und auch wenn ich die Dienste nur selten nutze – hier mal ein Foto, da ein Event und sonst tatsächlich nur versuche, soziale (Medien-)Kontakte zu pflegen und etwas für mein Fachwissen sowie meine Online Reputation zu tun, wurde der Melting Pot aus Kontakten zu anstrengend. Beide Ziele haben sich nach und nach neutralisiert:
Nein, dieses ist zu privat und jenes zu geschäftlich.
Es war an der Zeit (oder zu spät?) diese Punkte zu trennen. Und damit zur nun abgewandelten Eingangsfrage: Warum neben einem Nutzerprofil eine Likepage?
Das Profil für die wahren Freunde, die Likepage für die Reputation sowie Kunden und Bekannte (inkl. Freunde!), die sich für das interessieren, was ich so als Social Media Dingsbums, Werbefuzzi und Veranstaltungshure so den ganzen Tag mache – wenn ich Zeit und Lust habe, darüber zu berichten.
Meine Hoffnung ist, das ich dadurch freier und klarer kommunizieren kann. Auch wenn diese Grenze als Selbständiger und Mitgesellschafter einer Agentur nicht nur verschwimmt sondern mehr und mehr auch verwässert, wenn Dienstleister zur Geburtstagsparty kommen, Kunden zur Verlobung gratulieren, Kollegen beim Umzug helfen und Freunde versuchen, Jobs zu vermitteln (oder Dienstleister, Kunden, Kollegen und Freunde sogar in Personlunion daherkommen).
Und ja, diese Verwässerung ist großartig, sie ist gewollt, sie wurde provoziert – aber ich möchte nicht die Kontrolle hierüber verlieren bzw. müchte ich die Illusion der Kontrolle noch ein wenig wahren.
Deshalb werde ich (inkonsequenter Weise) aber niemanden entfreunden, sondern mich auf meinem Privatprofil weitgehend unsichtbar für bestimmte Personengruppen machen. Die Verbindungen beruhen jeweils auf einem echten Kontakt und sind jederzeit in der Lage Vorteile für die eine oder andere Person hervorzurufen.
Ihr könnt mich also weiterhin mal … also auf Facebook.
Und wenn ich euch nicht kenne und ihr mich trotzdem und ohne Nachricht zu euren Freunden hinzufügen wollt, dann melde ich auch als Spam ;) insofern ist die neue Likepage ja auch so eine Art Entgegenkommen für euch: checkt http://facebook.com/bastiankbx (Bastian Koch Likepage)
6 Kommentare
Sehr gute wie einfache Idee. Kommt für mich zu spät. Da ich für meine Kunden und Szene als Mensch sichtbar bleiben möchte, habe ich meine erste Facebook Identität geerdet, alles wirklich private (z.B. Verwandschaft) weggelassen und eine neue Identität angelegt – hätte auch eine Likepage sein können, danke für die Idee – nur manche Kunden würden das wohl nicht begreifen (intiutiv). Meine Produktseiten sind dagegen eine klare Sache. Xing deckt den professionellen Branchen Bereich z.T. ab. Wirklich privates (Kinder etc.) bleibt schon seit Jahrzehnten aussen vor.
Die stattfindende Diskussion um Privatheit und Öffentlichkeit müsste eigentlich „Digitale Identitäten“ lauten. Genau das hast du gemacht und es wäre konsequent, wenn FB die Funktion anbieten würde, mit welchem der eigenen Profile man sich mit welchem „Freund“ verbindet. OpenID macht das schon so ähnlich. Da aber die meisten Benutzer schon mit ihrer/einer eigenen Identität überfordert sind, wird es wohl noch eine Weile dauern, bis sich so etwas durchsetzt und benutzbar wird. Bis dahin nutzen wir es weiterhin indirekt oder unbewusst.
Ein schöner Artikel der indirekt dazu passt: http://antjeschrupp.com/2010/05/05/das-ende-der-heuchelei/
Pingback: Warum eine Like-Page, früher Fanpage | Online Marketing + Social Media | Jan Heinemann | Berlin
@john: schöne idee, diese vorauswahl per like or friend button. insgesamt hast du recht. es is schwierig, schmaler grad, zwei seiten und so … aber es is ein experiment und nicht ohne nebenwirkungen. siehe ->
@christoph: find ich konsequent und kann damit leben, weil es eine klare philosophie beinhaltet, die ich ja noch versuche zu finden. in diesem sinne: wir sehen uns bei xing … wenn du mich noch nicht de-xinged hast ;)
p.s. danke auch für den status hinweis, der mir zeigt, man sollte vorsichtig sein mit insidern in der öffenlichkeit.
bk
tja bastian – dann mußt du in kauf nehmen, daß ich mich gezwungen sehe, dich auf facebook sowohl zu de-liken (weil ich es albern finde, für sich selber eine fanpage einzurichten) als auch zu de-frienden (weil dein profil mit den restriktionen, die du gesetzt hast, für mich wertlos ist – was soll ich mit einem fb friend ohne wall, ohne updates, ohne posts?). damit verlierst du durch diesen move einen deiner vermutlich wenigen fb friends, der dich darauf hinweisen kann, daß die mehrzahl von status „status“ mit langem u ist – latein, u-deklination…
Gut: Geschickter Schachzug für die eigene Organisation
So mittel: Klarheit für alle anderen bringt das wenig, finde ich.
Schlecht: Stell Dir vor, jeder macht das so. Zwei Seiten pro Person finde ich albern.
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Fazit: „Like“ und „Freund“ sollte es für jedes Profil geben. Dann kommen wir endlich dahin zurück, dass man nicht gleich „Freundschaft“ schließt, nur weil man jemanden interessant findet oder eben „mag“.
Drück ich jetzt diesen „Like“-Button, finde ich – ich übersetze das jetzt mal – gut, dass Du Dich teilweise der Öffentlichkeit entziehst. Wohl oder Ãœbel?! … wir werden sehen, wenn wir dürfen.
So oder so, Koch, ich **** Dich ;)