Alle Jahre Monate wieder wird Facebook (zu Recht) wegen dem Umgang mit privaten Daten zu kommerziellen Zwecken beschimpft und bedroht. Hier ein paar Klarstellungen zum aktuellen ‚Skandal‘ um die neuen AGB.

Vier angebliche Neuerungen in den Facebook AGB

1. Facebook sieht und speichert alle Aktivitäten innerhalb des Netzwerkes, auch wenn die Sichtbarkeit für Freunde und Öffentlichkeit eingeschränkt wurde.
Hintergrund: Facebook verdient Geld mit personalisierter Werbung.

Das ist nicht neu! Nur die Privatsphäreeinstellungen für einzelne oder übergreifende Aktivitäten wurden in Nuancen nutzerfreundlicher gestaltet.

  • Niemand wird gezwungen, Facebook zu benutzen und privateste Informationen in welchem Kreis auch immer bekannt zu geben.

2. Facebook verwendet ortsbezogene Daten, um erstens Neuigkeiten von Freunden und zweitens Werbeanzeigen von Angeboten in der Nähe anzuzeigen.
Hintergrund: Facebook verdient Geld mit personalisierter Werbung.

Das ist so Semi-Neu … Je nach Einstellung wurden und werden ortsbezogene Daten gesammelt und ausgewertet. Neu werden die Möglichkeiten für Seitenbetreiber und Anzeigenkunden sein, ihre Zielgruppe zu erreichen.

  • Niemand wird gezwungen, Facebook zu benutzen und der App-Familie Zugriff auf den eigenen Standort zu übermitteln.

3. Facebook bezieht besuchte Webseiten und genutzte mobile Applikationen für die Erstellung von Profilen und das Clustern seiner Nutzer mit ein.
Hintergrund: Facebook verdient Geld mit personalisierter Werbung.

Das ist auch nur fast neu. Die technischen Möglichkeiten ändern sich, doch diese Daten werden schon länger gesammelt. Von Facebook seit Social Logins, Like Box und Like Button. Von Apple, Google, Amazon, Twitter … auch.

  • Niemand wird gezwungen, Facebook zu benutzen oder die Möglichkeit des (temporären) Logouts, beim Surfen in Erwägung zu ziehen.

4. Facebook testet einen Kaufen-Button für kommerzielle Anbieter innerhalb des Netzwerkes. Dies wird zur Folge haben, dass Facebook Zugang zum Beispiel zum Beispiel zu Kreditkarte und Paypal benötigt.
Hintergrund: Facebook versucht eine weitere Einnahmequelle zu generieren.

Neu? Naja … Es gab mal Facebook Credits und Facebook Deals (und externe Facebook Shopping Apps). Der Kaufen-Button hingegen ist seit ein paar Monaten schon in Zusammenhang mit Flickr, Tumblr, Twitter und Pinterest aufgetaucht und dort zumindest teilweise bereits in der Testphase.

  • Niemand wird gezwungen, Facebook zu benutzen oder diesem oder anderen Diensten (schon mal bei Amzaon oder ebay eingekauft?) Bezahldaten zu übermitteln.

Es geht um Verantwortung von Politik und Gesellschaft

Natürlich sollte die Privatsphäre geschützt werden, aber dafür darf doch kein börsennotiertes, gewinnorientiertes Unternehmen mit dem Businessmodell ‚Gegenteil von Privatsphäre‘ zuständig sein. Was wir brauchen sind global festgelegte Standards durch die Regierungen, Institutionen und deren Abkommen, die das Persönlichkeitsrecht stärken und nicht aushöhlen.

Doch können wir dies erwarten von sammelwütigen Apparaten und Geheimdiensten, die mit den im weitesten Sinne Kommunikationsmedien kooperieren oder zumindest deren Daten für eine höchstens gefühlte Sicherheit anzapfen? Wie glaubwürdig ist politisches und öffentlichkeitswirksames Facebook-Bashing, wenn im selben Atemzug die Vorratsdatenspeicherung forciert wird?

Doch der Privatsphäre fehlt nicht nur eine schlagkräftige Interessenvertretung. Es mangelt an bereitgestellter Medienbildung, vorhandener Medienkompetenz sowie an persönlichem, bewusstem Umgang mit den Möglichkeiten und Zwängen im Internet des Jahres 2015.

Facebook, Google, Amazon & Co. planen bereits global an der Zukunft, während sich die Politik noch regional und nur teilweise kontinental an der Vergangenheit abarbeitet.

In der Gegenwart ist die Gesellschaft damit auf sich gestellt und gefordert, die einen durch ihr Nutzungsverhalten in die Schranken zu weisen und von den anderen die gebotene Rechtsstaatlichkeit zu verlangen.

Diese Gesellschaft? Ich wander aus. Wann gibt es Internet auf dem Mars?

Kannste auch lesen:

Wie Facebook (wieder) Entwicklung und Nutzung des Internets vorantreibt (6. Januar 2015)
Monetarisierungsmöglichkeiten für soziale und digitale Plattformen (3. Dezember 2014)
Social Media Trends 2014/2015 (25. November 2014)