Einen Blick hinter eines der meist benutzten und am wenigsten verstandenen Buzzwords der Zunft wirft gerade die Blogparade ‚Are we all Storytellers‘ von Caroline Kliemt aka Reichweite. Einige schöne, interessante und unterhaltsame Artikel sind da schon zusammen gekommen. Der Schwerpunkt liegt bislang auf Techniken, Erfahrungen sowie Fallbeispielen unter anderem aus Social Media, PR und SEO Sicht.
Hier geht es um den Unterschied zwischen Unternehmenskommunikation auf der einen und Fiktion bzw. Dokumentation auf der anderen Seite der Storytellingmedaille. Unter anderem.

Ganz unten in der Floskelkiste für professionelle Kommunikatoren, verstaubt von Zeit und Simplizität, abgenutzt durch ständige Wiederkehr, liegen ‚Man kann nicht nicht kommunizieren.‘, ‚Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte.‘ und ‚Content is King!‘ …
Storytelling (gern in Verbindung mit Contentmarketing) ist also nur eine etwas modern angehauchte Substantivierung und keine Kompetenz an sich.

Somit führt die Aufgabe des Geschichten Erzählens – ob inhouse umgesetzt oder extern beauftragt – schon von Anfang zu Missverständnissen.

Storytelling im Marketing heißt nämlich nicht sich Geschichten auszudenken, sondern eine Geschichte anschaulich zu vermitteln. Niemand wird gern in die Irre geführt oder gar belogen. Es geht um Präsenz, Unterhaltung, Image und Kundenbindung. Erstens in genau dieser immer wiederkehrenden Reihenfolge, um entsprechende Vorteile für Unternehmen, Marke, Dienstleistung, Produkt zu erreichen und zweitens nicht nur in sozialen Netzwerken.

Aber manchmal gibt es kein übergreifendes Thema, keine Geschichte?
Sorry, aber in einem solchen Fall gibt es dann auch kein Unternehmen, keine Marke, kein Produkt, keine Dienstleistung … also weder Bedarf noch die Möglichkeit irgendetwas zu erzählen.

Exklusiver Service: kleine Checkliste ‚What’s the Story?!‘

  • keine Story: Gründung/Erfindung/Produktlaunch
  • Story: Beweggrund/Antrieb/Vision
  • keine Story: Mitarbeiterzahlen/Verkaufszahlen
  • Story: Mitarbeiterbackground/Testimonials
  • keine Story: Packshots
  • Story: Use Cases
  • keine Story: Konkurrenz
  • Story: Produktvorteile
  • keine Story: Probleme/Herausforderungen
  • Story: Lösungen/Learnings
  • keine Story: Veröffentlichungen
  • Story: Erklärungen
  • keine Story: iPad zu gewinnen

Entweder geht eine Geschichte ihren Weg vorhersehbar (fast nie) oder sie erlebt für alle Beteiligten unerwartete Wendungen (eigentlich immer). Deshalb darf sie in ihrem Ursprung angereichert werden, um Identifikation zu schaffen, Authentizität zu transportieren und Spannung zu erzeugen. Doch genau dafür gibt es kaum eine Regel geschweige denn eine Formel. Duktus, Umfang und Timing einer Geschichte zu Kommunikationszwecken und ihrer Elemente ergeben sich aus der Geschichte selbst, den (gewünschten) Empfängern und dem real existierenden, ursprünglichen Absender und seinen Zielen.

Ursprünglich deshalb, weil der Absender nach Veröffentlichung einer Story im besten Sinne machtlos ist. Seine Geschichte wird weitererzählt, um andere Geschichten ergänzt, Sichtweisen, Schwerpunkte und Wahrheiten verschieben sich ständig.
Entweder die Geschichte gewinnt durch diesen Prozess, wird besser und wird wieder und wieder weitererzählt (Neudeutsch: Viral Loop) oder die Geschichte verliert, zum Beispiel weil ihr von Anfang an nicht die Möglichkeit gegeben war, sich weiterzuentwickeln, und verschwindet …

Die wirklich große Herausforderung beim Storytelling für bzw. von Unternehmen besteht schließlich darin, etwas zu erzählen, das auf der einen Seite nicht endet und auf der anderen Seite niemals langweilig wird. Kontrollverlust durch Input und Variation sorgt hierbei für die dafür nötige Abwechslung. Das ist der Unterschied zu klassischen, fiktiven und dokumentatorischen Publikationen in Text, Ton und (Bewegt-)Bild. Die vermeintlichen Vorbilder des kommunikationsgetriebenen Storytellings  sind in Wahrheit ihre Kinder und Kindeskinder und Kindeskindeskinder.

Fazit:

1. Natürlich hat Mutter Recht.
2. Kinder funktionieren immer.

So, Floskelkiste geschlossen und Diskussion zum Storytelling eröffnet.