Inspiriert zu diesem Blogbeitrag hat mich Brauseboy Volker, der in sage und schreibe 21 (!) Punkten das Für und das Wider, den Sinn und das Sinnlose der neuen GEMA Verordnung in teilweise alten Kleidern sehr prägnant aus seiner Sicht als Autor und Veranstalter formuliert.

Der Beitrag fügt sich in eine Reihe vieler Posts und Wortmeldungen, die irgendwie mit den Piraten, mit YouTube, mit Sven Regener, mit Protesten deer Club-Kultur und schließlich mit einer Petition gegen die GEMA zu tun haben. Es besteht zumindest Diskussions- Nachbesserungsbedarf in der Verwertung und Entlohnung von Musikschaffenden.

Meine fünf Cent dazu als (noch) angemeldeter Autor und Komponist:

Vor einer gefühlten Ewigkeit habe ich wie Millionen andere angefangen Musik zu machen – oder zumindest das, was ich dafür hielt. Unsere Band machte ‚Independent Funpunk‘ und füllte bzw. leerte Jugendclubs, Turnhallen und Raucherecken vornehmlich in Berlin.

Eine GEMA Anmeldung kam für uns nicht in Frage. Abgesehen davon, dass es kaum etwas unpunkigeres gab, als Mitglied einer gefühlt staatlichen Musikbehörde zu werden, standen Aufwand (Mitgliedsbeiträge, Anmeldeformulare) in keinem Verhältnis zum Ertrag (Ausschüttungen). Und damit hatten wir wahrscheinlich Recht.

Mitglied bin ich geworden als ich aus Versehen die Hymne für das Internationale Deutsche Turnfest Berlin 2005 geschrieben habe. Das schien mir logisch, denn der Song bekam einen Verlag und eine Band und die wiederum ein Management, das sich um Produktion und analogen sowie digitalen Vertrieb kümmern sollte. Es gab Versionen für Siegerehrungen in der Deutschlandhalle, für Weltrekord-Choreographien (mit D! Soost) auf dem Messegelände und die Einbindung in die Eröffnungs- sowie Abschlussveranstaltung vor zehntausenden Besuchern am Brandenburger Tor bzw. im Olympiastadion.

Die Kosten für die GEMA bei einer Durchführung von Veranstaltungen werden nach Eintrittsgeldern, bespielter Fläche und Kapazitäten für Publikum berechnet. Normalerweise, denn bei Großveranstaltungen lässt sich die Verwertungsgesellschaft auf Pauschalen ein, um sowohl Administration und Kosten – auch im Sinne des Veranstalters – zu senken. Das Problem daran, es fließt immer noch Geld an die GEMA, aber einzelne Titel müssen nicht mehr eingereicht werden; eine win-win-win-loose-situation, denn ausgerechnet tatsächlich integrierte Werke kleinerer, unbekannterer Autoren in ein solches Groß-Event gehen am Ende leer aus. Fast.

Eine Woche lang sangen, tanzten und turnten Menschen, ein Großteil davon zahlende Gäste, in den größten Veranstaltungsstätten der Hauptstadt. Am Ende bekam ich, glaub ich, 200 €. (Das hundert-fache davon floss übrigens an die GEMA.)

Spaß gemacht hat das Ganze natürlich trotzdem. Der Bundespräsident (damals Köhler) zitierte in öffentlichen Reden aus dem Song und stolz schwellte sich die Brust, als ein ausverkauftes Olympiade Stadion jede Zeile mitsingen konnte …

Zur Europameisterschaft 2008 konnte ich wieder und wieder aus Versehen einen Song, eine Hymne unterbringen. Diesmal für die Freie und Hansestadt Hamburg, die das damals größte Public Viewing zur EM mit bis zu 50.000 Besuchern auf dem Heiligengeistfeld veranstaltete; inkl. Riesenbühne und Programm. Der Song lief vor den Spielen, zwischen den Spielen, nach den Spielen. Der Unterschied zum Turnfest, es war nur eine Location, es kostete keinen Eintritt und der Medienpartner NDR handelte einen Pauschalpreis mit der GEMA aus. Ich erhielt, wenn ich mich recht entsinne, knapp 40 € Ausschüttung.

Schau ich mir jetzt die Einnahmen und Ausgaben an, mache ich seit 2009 Miese, was die GEMA angeht. Es folgten keine weiteren Songs, Kompositionen … ein Austritt war längst überfällig.

Trotz fehlender, professionller Ambitionen fing ich vor zwei Jahren mit meiner damaligen Verlobten und heutigen Frau Songs zu schreiben und auch zu produzieren. Zusammen mit befreundeten Musikern haben wir als die Band #mll zu unserem Polterabend eine ‚Promo-CD‘ aufgenommen und veröffentlicht. Sieben Songs von und über uns in einer übersichtlichen Auflage.

Diese Titel haben wir nicht bei der GEMA angemeldet. Warum auch?
Aber: in Deutschland kann man keine CDs pressen lassen, ohne der Verwertungsgesellschaft bescheid zu sagen. Hab ich gemacht und es hat auch fast problemlos funktioniert, bis auf die für eine Behörde übliche Schwierigkeit den richtigen Ansprechpartner zu finden.

Auflage, Songtitel, Komponisten, Interpreten mussten ebenso benannt werden, wie der geplante Verkaufspreis (oo,oo €). Alles gut, sollte man denken. Doch ein dreiviertel JAhr später kam die Rechnung, weil wir eine CD produziert haben, auf der Werken eines GEMA-Mitgliedes waren … Zu den Kosten der CD Produktion kamen nun die Kosten für die GEMA. Diese Zwangsbeglückung ist nahezu skandalös, wenn Künstler und Produzenten (oder in anderen Fällen Künstler und Veranstalter) dieselbe Person sind und so definitiv nicht von ihrer Mitgliedschaft profitieren.

Ein besonderer Nachteil entstand in diesem Zusammenhang natürlich dadurch, dass die Songs (selbst verschuldet bzw. selbst beabsichtigt) nicht angemeldet waren. Aber auch dann wäre die Ausschüttung wahrscheinlich unter dem Beitrag geblieben, den die Verwertungsgellschaft jährlich einfordert.

Kurz gesagt, meine GEMA-Mitgliedschaft hätte ich mir als Teil- und Freizeitkünstler von Anfang an sparen können und das Geld für die Mitgliedschaft auch beim Pokern verschleudern können.

Die Tarifreform ist überfällig, Transparenz notwendig. Die Verwertung durch die GEMA ist für viele Künstler eine der wenigen Einnahmequellen und als Institution unabdingbar. Es ist jedoch wichtig, die Möglichkeiten und Interessen aller Beteiligten im Auge zu behalten und einen fairen Ansatz im Sinne der Mitglieder zu finden.

Anmerkungen des Autoren:

  1. Ich war in die Organistion der benannten Events beruflich eingebunden.
  2. Für den Link zum Poker-Portal erhalte ich 200 $, für irgendetwas muss sich die GEMA Mitgliedschaft und die Auswertung an dieser Stelle ja lohnen.