Was war da los? Vodafone bzw. Scholz & Friends promotete die Teilnahme an einem Dreh für einen Werbespot in Berlin via @twitter und die ganze Generation Upload (!) hatte nur noch ein Thema. War der Microblogging Hype erreicht? Nein.

Vodafone lud normale Menschen (!) zu einer Pressekonferenz (!) ein und berichte in den so genannten sozialen Netzwerken darüber. Die Generation Upload war sprachlos, der Twitterstream leer, die Skype-Gästeliste in zartem grau, bei Facebook gab es nur noch ein paar Aufforderungen zu (natürlich gekauften) Persönlichkeitstest. War das Web 2.0 tot? Nein. Die Generation Upload war im Downstream.

Vodafone präsentierte neben der Kampagne einen Blog (!) – Wahnsinn. Und dann das: diese Firma twittert nicht nur, hat nicht nur einen Blog und eine Facebook Fanpage; nein, es spielen Blogger in dem Werbefilmchen mit … damit war meine erste Reaktion bei Twitter zu dem Thema (und ich habe mir lange auf die Zunge respektive auf die Finger gebissen) fällig:

ja, #vodafone twittert, bloggt und macht pressekonferenzen öffentlich. jetzt beruhigt euch mal wieder …

Ich gewann ein paar Follower und verlor ein paar andere, womit ich wohl alles richtig gemacht habe. Doch die Diskussion war noch lange nicht beendet. PR-ler und mit Sicherheit unabhängige Journalisten lobten und feierten den Telefonanbieter bis zur Grenze des Ekelerregenden und darüber hinaus.

Die uploadende bzw. downstreamende Basis hielt dagegen: beschimpfte die Internetstars Lobo (Werber und Blogikone) und Schnutinger (Cartoonistin und Blogikone), sie würden ausgerechnet eine Marke unterstützen, die im Schlamassel um die Zensurdebatte auf der falschen Seite stand. Dabei war das Problem zum Teil sicher allein, dass sie eine Marke unterstützten.

Doch aus der ernsten Debatte wurde mit einem Kommentar vom Spießer Alfons scheinbar Spaß, was mich hoffen ließ, das die Geschichte bald ein Ende hat. Doch ich hatte mich geirrt. Der Spaß war noch lange nicht vorbei bzw. noch lange nicht da.

Es gab ein Video (Stichwort: durchdenkakaoziehen #Spaß) und anonyme Beleidigungen (#kein Spaß) – was übrigens beides häufiger im Internet des Jahres 2009 passiert … aber darum soll es nicht gehen.

Denn ich sah zum ersten Mal den Spot, dieses Teufelswerk, den Ausverkauf unserer Seele durch einen Telefonanbieter – ich hatte einiges erwartet. Doch bereits von Blog, Twitter und Fanpage im CD von Vodafone fühlte ich mich noch nicht sonderlich abgeholt – geschweige denn provoziert. Aber das Filmchen war schlicht langweilig und ich ärgerte mich, wie man mit so wenig Qualität / so wenig Botschaft so große Diskussionen und Beschimpfungen generieren konnte. (Wenn sie doch wenigstens von Bowie-Fans gekommen wären …)

Diese Beschimpfungen (Hallo Internet!) hatten unterschiedlichen Folgen: Lobo grinste es weg, wissend um seine Marktwertsteigerung. Schnutinger gab entnervt auf und kündigte, wollte sie doch eine von den Guten sein, dem interaktiven Internet die Freundschaft. Beide ziehen die richtigen Schlussfolgerungen, weil beide unterschiedlich damit umgehen. Ich persönlich fand und finde übrigens, dass beide schon sehr unterhaltsame Seiten gezeigt haben und hoffentlich auch weiterhin eine Bereicherung für das Netz darstellen (können).

Doch damit kam der vielleicht entscheidene Stein ins Rollen. Die, die sich bisher vornehm zurück hielten (ich hab es nicht ganz geschafft), preschten nach vorn – und zwar von beiden Seiten. Die einen lobten und liebten, die anderen schrieen und schrieben. Und hörten nicht auf. Und hörten nicht auf. Und hörten nicht auf.

Bis das Leitmedium der deutschen Surfer auf Spiegel Online behaupte, die ganze Aufregung hat die Zielgruppe von Vodafone gar nicht mitbekommen … Ich weiß, ich habe wenig Leser, aber ich kenne auch die Mediazahlen von spiegel.de …

Und plötzlich merkte ich, dass Vodafone den Druck, den Schmerz aushalten kann und vielleicht sogar muss. „Bad News are Good News“ ist die wahrscheinlich älteste PR Weisheit der welt (noch vor „Tue Gutes und rede darüber“.) Und beide werden beherzigt.

Sixtus schreibt auf Twitter:

#Vodafone liefert bestimmt auch Atomwaffen an Nord-Korea.

Websenat meint auf der selben Plattform:

Leider kenn ich nicht alle persönlich, aber die Testimonials finde ich Klasse. Mehr gibt es nicht zu sagen! #vodafone #sf

Manche finden es gut, andere finden es schlecht und wieder andere machen sich darüber lustig. Aber alle sind dabei. Denn der Tenor ist auf allen Seiten gleich: die klassische Werbung nimmt Social Media in ihr Reportoire auf. „Endlich“ vs. „Hilfe“ … dabei sind Scholz & Friends, die ausführende Agentur, nicht die ersten sondern nur die Lautesten.

So wie Jägermeister, die als erstes eine deutsche Fußballmannschaft via Trikotwerbung gesponsort haben und ebenfalls einen Aufschrei auslösten (Ob die Werbung selbst oder der nicht jugendfreie Inhalt im übertragenden Sinne entscheidend waren, lass ich mal offen) oder die Bildzeitung, die zunächst Anzeigen und später Titelstories an böse Werbetreibende verkauften. Aber natürlich unabhängig und überparteilich blieben (!).

Besser geht es nicht und ich hasse mich dafür, dass ich mit diesem Beitrag ein Teil der Vodafone Kampagne werde, weil ich mich an dieser ins Nichts führendenden Diskussion auch noch beteilige … Aber jetzt ist es wenigsten raus.