Was für eine schöne Erfindung diese Emoticons doch waren. In zwei, drei Zeichen Freude, Ironie, Liebe, Scherz und Schmerz zu verdeutlichen, ohne den Lesefluss zu strapazieren. Inzwischen schmerzt es nur noch.

Ich mach jetzt Poetryslam, das gesprochene Wort kennt keine Emojis.

Kinder, kommt tanzen, Acid ist fertig.

Spätestens mit den Chatforen und (Desktop-)Messengern wurden aus den stilvollen und zeitlosen Zeichenkombinationen weitverbreitete, alberne, gelbe Gesichter. Optik und Wirkung passten scheinbar ganz gut in die Zeit, als buntbekleidete Menschen sich auf buntgeschmückten LKWs mit chemischen Drogen ernährten, die wie alberne, gelbe Gesichter aussahen.

Richtig schlimm wurde es mit Skype 2.0 als die Gesichter größer wurden und sich bewegten, sich kämmten, duschten, kotzten, sich die Hose runterzogen oder plötzlich als Eichhörnchen oder Kakerlake erschienen.

Willkommen auf der bunten Seite der Macht …

Inzwischen wird jede verbale oder non-verbale Äußerung im Netz mit Feuerwerk, Luftschlange, Ghettofaust, Highfives, Engelchen, Teufelchen, Katzen, Minions kommentiert – natürlich animiert.

Emoticons heißen jetzt Emojis, sie sind nicht mehr nur gelb, sie sind weiß, braun, schwarz, sie sind nicht geschlechtsneutral sondern männlich oder weiblich (eigentlich sind sie nur kindisch), sie sind alt oder jung, arm oder reich, irdisch oder außerirdisch … richtig, Star Wars wurde mit Emojis beworben. Motto: Hanni und Nanni schlagen zurück.

Abgesehen davon, dass die Systeme ungefragt Satzzeichen in Bildchen übersetzen, gibt es für verschiedene Netzwerke und Devices Sets nicht nur auf Vorrat, sondern sogar zu kaufen. Zu kaufen! Mit echtem, unbuntem Geld!!! Pressemitteilungen für (sorry!) Männerautos werden in Emojis geschrieben. Es gibt Linkshorterner für Social Media- und Online Marketing Manager, um Corporate Websites in Bildchen darzustellen; die ersten beiden Zeichen sind dann übrigens immer eine angefressene Pizza sowie ein grinsender Kackhaufen.

Was für Drogen muss man nehmen?

Das ganze Internet sieht inzwischen aus wie die beklebten Tische, Schränke, Poesiealben aus Jugendzimmern des letzten Jahrhunderts, überall Motive, die schon zur Kindergartenzeit auf Brillen und Pflastern uncool waren, wie diese abwaschbaren Pseudotatoos, nur dass diese eben nicht mehr wegzukriegen sind. (Tamagotchis konnte man wenigstens sterben lassen.)

Die Jugend wird ja so schnell erwachsen? Am Arsch! Selbst Gold- und Silbersurfer kommunizieren mittlerweile so, wie ich es höchstens tanzenden Waldorfschülern zugetraut hab. Grammatik und Rechtschreibung braucht kein Mensch mehr, man klebt sich einfach Sticker ins Gesicht.

Das ist digitale Kommunikation auf LSD, nüchtern kaum zu ertragen und der entscheidende Grund, warum ich der wahrscheinlich letzte Smartphone-Besitzer bin, dessen direkte Kommunikation sich auf imessage und fb-messenger beschränkt. Kein WhatsApp, Threema, Dingsbums… knallgelbes Gespenst, infantiler als Hui Buh. Bei Snapchat bekommt man neben Smileys sogar noch ein paar digitale Buntstifte an die Hand, um sein graues und grauenvolles Leben mit Farbe zu füllen, das zum Glück alle Beteiligten nach jeweils 24 Stunden gelöscht wird.

Ich kotz‘ im Regenbogen!

Gowalla war albern und bunt, Foursquare war mal schick. Gowalla ist weg, Foursquare heißt jetzt Swarm, das Logo ist eine knuddlige Biene, das ganze Netzwerk sieht mit den Bonbon-Badges aus klobigen 90Jahre-Monitoren, dicken Flitzern, Sonnenbrillen, Regenbogen, Tortenstücken und Einhörnern so aus, wie die Süßigkeitenabteilung im Späti. Man kann wieder Major werden, mit drolliger Comickrone auf dem noch drolligeren Avatar. Bürgermeister im Smalland Bällebad. So schürt man Politikverdrossenheit.

Ich kann das alles nicht ernst nehmen. Dann doch lieber YOLO, HDGL, LMMA und ROLF (sic!) !!!11!!!einhundertelf!!1! Meinetwegen auch mit Hashtag.

Jetzt geht’s mir besser.

(smoke) (beer) (mooning)