Mit seinen 22 Facebook-Tipps hat Autor und Blogger Robert Scoble nicht die optimierte Nutzung des sozialen Netzwerkes erklärt, sondern das Phänomen ‚Like-Baiting‘.

Das erreicht man mit Listen (schräge Zahlen wie 22 suggerieren meist eine Vollständigkeit), einer möglichst hohen Anzahl eingebildeter sowie share-wütiger Influencer unter den Freunden, die das alles natürlich schon wussten und sich eigentlich nicht angesprochen fühlen, und mit einer ordentlichen Brise als Kompetenz getarnter Arroganz. Letzteres funktioniert, wenn man wie Scoble die Liste schlicht mit Facebook tips betitelt und unvermittelt loslegt.

Mit etwas Glück liest sich das auch keiner so genau durch und nimmt das dann auseinander … Pech gehabt, Robert.

Was hat denn der ‚Experte‘ für Facebook-Tipps?

Die ersten beiden Tipps sind noch harmlos, weil sie tatsächlich die Funktionalität vom Facebook-Alghorithmus verdeutlichen, auch wenn die Aufforderung sehr dominant ist:

(#1) Teile drei Posts von Freunden zu einem Thema und Facebook spielt dir mehr solcher Posts in deinen Stream und (#2) veröffentliche fünf Posts zu demselben Thema, deine Timeline wird noch spezifischer.

Nr. 3 und 4 sind da schon kritischer, nicht nur weil sich der Punkt Privatsphäre doppelt …

(#3) Übertreibe es nicht den Privatsphäre-Einstellungen und (#4) halte deine persönlichen Angaben aktuell und öffentlich zugänglich, Freunde und Kollegen (und Facebook) finden dich dann besser.

Tipp fünf ist ein richtiger Knaller:

(#5) Packe alle Kontakte in eine dieser beiden Listen: ‚Freunde‘ und ‚Enge Bekannte‘, das verbessert deine Timeline dramatisch (!), wie Scoble findet, das hat er schon auf Dutzenden Seiten gemacht und erlebt. (Zwei Fragen: Wer gibt solchen Leuten Zugriff auf das eigene Facebook-Profil und wieso geht er nicht auf die durchaus sinnvolle Unterteilung in ‚Kollegen‘, ‚Kunden‘, ‚Alumni‘, ‚Vereinskollegen‘, ‚Bandmitglieder‘ etc. ein?)

In der Reihenfolge etwas wirr, aber okay … wenn alle Kontakte sortiert sind, solltest du:

(#6) Alle Kontakte löschen, die Facebook nicht aktiv nutzen. Keine Beiträge, keine Likes, keine Shares, keine Anstupser … keine Freunde mehr. Wenn die Personen nicht mit deinen Posts interagieren, reduziert Facebook deine Reichweite. (Das stimmt insofern, dass eine hohe Interaktion, die Kontaktmöglichkeiten erhöht, aber das System eines sozialen Netzwerkes ist trotzdem ein anderes.)

Aber das war es noch lange nicht …

(#7) Interagiere mit Posts aus deiner Timeline, Daumen hoch und/oder Kommentare aber nicht für den Verfasser, sondern für den Inhalt (oder wie Scoble schreibt:) für Facebook, das dich nämlich näher kennen lernen möchte.

(#8) Aber Interaktion kann auch heißen Posts ‚verbergen‘ aka: ich möchte dass nicht sehen. (Ich ergänze, weil es Scoble wohl vergessen hat, dass man Personen und Seiten aber auch einzelne Posts abonnieren kann und ja, das helfen Menschen oder Themen häufiger angezeigt zu bekommen.)

Zurück zur Reihenfolge der ‚Facebook-Tipps‘: erst alle Kontakte Listen (#5), dann inaktive Kontakte entfernen (#6) und etwas später …

(#9) Personen entfreunden, die zu laut, zu aktiv sind, die versperren doch nur die Sicht auf wichtigeres! (Na ja, je nach Grund für die Online-Freundschaft würde es auch reichen, die Menschen auszublenden; der Chef, die Mutter, der Ehepartner würde die Entfreundung vielleicht nicht soo gut finden …)

Bei Punkt zehn zeigt Scoble seine soziale Ader – und ich musste weinen.

(#10) Einmal pro Woche die Eventeinladungen checken, um zu- oder abzusagen. Das hilft allen! (Ich finde ja es würde helfen, bestimmten Leuten solche Einladungen zu verbieten.)

Tipp 11 ist auch gut:

(#11) Einmal im Monat die Facebook Einstellungen auf allen Devices bzgl. Veränderungen oder Möglichkeiten checken – speziell bei Neuinstallationen und Updates – und diese Einstellungen verstehen … (Mmh, vielleicht in umgekehrter Reihenfolge? Aber Achtung, Scoble erklärt die Einstellungen natürlich nicht.)

Privatsphäre ist überbewertet (Vgl. #4 & #5), aber Datensicherheit nicht …

(#12) Aktiviere alle Sicherungsmöglichkeiten für dein Konto und das erstens nicht nur bevor es zu spät ist sondern zweitens auch für E-Mail und andere Apps.

Noch etwas Füllware, um auf die 22 Tipps zu kommen:

(#13) Veröffentliche zehn relevante Posts über deinen Beruf, deine Interessen – und nicht nur Selfies – bevor du Freundschaftsanfragen verschickst. (Ich ergänze, das gilt besonders dann, wenn ihr mit Scoble befreundet sein möchtet, hier bietet sich also ein Re-Post seiner Liste an.)

Mit Tipp 14 zurück zu den Einstellungen:

(#14) Lasse Posts von Freunden in deiner Timeline nur mit deiner Genehmigung zu, denn – Achtung! – da kommt meistens nur Müll. (Keine Ahnung, wie Scoble das an seinem Geburtstag löst.)

Nach dem Entfreunden von Kontakten (Vgl. #6 & #9) …

now for something completely different

(#15) Du solltest mindestens 400 Freunde haben, weil Personen mit weniger Freunden schreiben fast immer alle eh nur Scheiße … (Ausnahme: Robert Scoble.)

Autor, Blogger und Mathematiker Scoble läuft mit Facebook-Tipp 16 zur Höchstform auf:

(#16) Wenn du dich mit jemandem anfreunden möchtest, der bereits 5.000 Freunde hat (Scoble hält seine Freundeszahl geheim … wahrscheinlich irgendetwas zwischen 400 und 5.000), solltet ihr mindestens 50 gemeinsame Freunde haben, damit der neue Freund einen alten Freund los wird, um dich zuzulassen. Scoble ergänzt: mit Wichsern hat man nicht soviele gemeinsame Freunde. (Ich bin beruhigt: Scoble und meine Wenigkeit haben einen gemeinsamen Freund.)

Hier sind die Top 5 und langsam verstehe ich, warum Scoble nichts von Privatsphäre hält.

(#17) Weil die meisten Inhalte nicht alle Kontakte erreichen, sollten Profile von relevanten Kontakten mindestens einmal die Woche besucht werden. (Robert Scoble empfiehlt: sein eigenes.)

Hatten wir schon das Thema Privatsphäre?

(#18) Lass deine Facebook App wissen und veröffentlichen wo du bist. Damit kannst du Freunde in deiner Nähe finden und deinen Ort bewerben.

(Bitte, bitte, lass es bald vorbei sein.)

(#19) Nur die originalen/nativen Facebook-Möglichkeiten also Website und App nutzen. Wer das nicht tut, also via Twitter, Buffer, Hootsuite und Co. automatisiert, schreibt wahrscheinlich sowieso nur Müll. (Richtiger Ansatz aus dem falschen Grund: über die Facebook-Seite bzw. die App funktioniert für ein persönliches Profil Monitoring und Interaktion schlicht besser und man Korrekturmöglichkeiten für die Darstellung von Bildern und Links; z.B. via https://developers.facebook.com/tools/debug).

Als hätte Scoble es geahnt …

(#20) Interagiere mit deinen eigenen Postings und den entstehenden Fragen und Kommentaren deiner Kontakten. So kannst du von anderen lernen und deine Community motivieren, selbst aktiv zu werden; und dass wiederum hilft deiner Sichtbarkeit und Reichweite.

(#21) In der Desktop-Ansicht lassen sich die Listen und Infos in der rechten Sidebar mit Klick auf das jeweilige Zahnrad neu sortieren. (Guter Tipp, im Original etwas umständlich erklärt.)

Last but … äh … least.

(#22) Gehe mit Facebook um, wie mit einer Mahlzeit. Oder würdest du Pasta ohne Sauce servieren? Also, wenn du nur Fotos deiner Kinder postest (Stichwort: Privatspffff… ach, egal), ist das wie Pasta ohne Sauce! Du hast doch noch andere Interessen als nur deine Kinder, oder? Dasselbe gilt für Leute, die nur Selfies, Tiere oder Memes posten. Ich (Scoble) möchte dann lieber nicht euer Freund sein. Macht eure Kontakte smarter und zeigt eure Interessensvielfalt.

Fazit: Jetzt brauch ich 22 Schnäpse.