Mirko Lange aka Talkabout hat eine Blogparade zum Thema Contentmarketing gestartet, speziell geht es ihm um Notwendigkeiten, Definitionen von Themen-, Redaktions- und Produktionsplänen in Blogs und sozialen Netzwerken sowie die mögliche Gewichtung von strategischer (geplanter) und taktischer (spontaner) Content Produktion. Ein Ansatz könnte der Reaktionsplan [sic!] sein.

Grundlagen

Ganz allgemein liegen die Vorteile zur Planung der Bespielung einzelner oder verschiedener Kanäle natürlich auf der Hand. Zuständigkeiten, Freigaben und Deadlines können ebenso festgelegt werden, wie Frequenz, Duktus und Timing, kanalspezifische Vorgaben zu Text-/Videolänge, Bildformat/Größe und sogar Soll- und Ist-Zahlen von wichtigen KPIs (Reichweite, Interaktion, Leads etc.) inkl. deren Interpretation und zur ständigen Optimierung der Veröffentlichungen.

Wenn ein Unternehmen oder eine Agentur soweit ist, dass tatsächlich eine Philosophie, eine Vision existiert bzw. etabliert wurde, dass realistische und messbare Ober- sowie Unterziele definiert sind, bleibt trotzdem die Frage nach den Inhalten selbst, die sich immer wieder neu stellt.

Wie auch immer, ist hier – abgesehen von den notwendigen Zielen – nicht nur die Marke oder das selbst Unternehmen entscheidend, sondern auch die vorhandenen, personellen Ressourcen.

Hier sind vier Typen der Contenterstellung.

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Auf dem Weg zur perfekten Content-Erstellung: Alchemisten, Mathiker, Architekten oder Philosophen.

Die Alchemisten

Die Alchemisten haben einen langen, nie endenden Weg vor sich. Sie wollen schlicht und ergreifend Gold (nennen wir es den perfekten Post) herstellen, weniger werten sie als Misserfolg. Sie probieren alles aus, passen sich ständig den technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten an, experimentieren mit Tools und Timing, entwickeln Erfolgreiches weiter und verwerfen radikal gescheiterte Versuche.

Neben dem positiven Aspekt flexibel und agil zu agieren, birgt diese Herangehensweise langfristig mehrere Gefahren:

  • einzelnen, womöglich guten Ansätzen nicht genügend Zeit zu geben.
  • erfolgreiche Strategien zu verschlimmbessern.
  • im Laufe des Prozesses an den Zielen, den Zielgruppen oder seinem Team/Auftraggeber vorbei zu agieren.

Die Mathematiker

Die Mathematiker vereinen Pragmatismus und Theorie, immerhin haben sie mehrere Dinge verstanden:

  1. Social Media ist Social, es geht um Reaktion, Nahbarkeit und Dialog (Kommunikation).
  2. Um gehört zu werden muss, Vertrauen aufgebaut werden, Kompetenz vermittelt werden (Reputation).
  3. Am Ende geht es um das unternehmerische Überleben (im Zweifel: Umsatz).

Und so bespielen die Mathematiker ihre Kanäle zu jeweils einem Drittel mit einem dieser Punkte, was das Contentmanagement unter Umständen vorhersehbar und vielleicht auch herzlos erscheinen lassen kann.

Doch zumindest für den Bereich der Interaktion, also dem Teilen von Inhalten, der Beantwortung von Fragen, die Empfehlung von Fundstücken, ist eine langfristige, inhaltliche Planung schwer möglich und auch gar nicht notwendig.

Aber in einem Redaktionsplan können und sollten – wenn in den hauseigenen Guidelines noch nicht geschehen – nicht nur Reaktionszeiten festgelegt werden, sondern auch der Umgang mit externen Inhalten auf eigenen Kanälen. Zum Beispiel bezogen auf rechtliche Aspekte oder schlicht in Form von der Handhabung wiederkehrender Elemente (#musicmonday, #followfriday, Fundstück der Woche etc.).

Die Architekten

Architektur ist ohnehin ein sehr schizophrenes Berufsfeld. Zum einen geht es um Dienstleistung im klassischen Sinn, zum anderen um das Ziel, sich selbst ein Denkmal zu bauen, das schönste, höchste, energieschonendste Gebäude der Welt geplant und gebaut zu haben.

Mit diesem Ziel vor Augen, ist jeder Text, jedes Bild, jedes Video (oder um im Bild zu bleiben: jeder Strich, jedes Element, jedes verwendete Material) darauf ausgerichtet, sich selbst als Koryphäe, Maß/Master aller Dinge oder zumindest als Spezialist darzustellen.

Interaktion bzw. Verbreitung entstehen hier durch einzigartige, mehrwertige Inhalte, die so generierte Repuation zahlt im Idealfall in den Abverkauf ein; guter Content als elementares Marketing-Instrument.

Die Herausforderung besteht in dieser Vorgehensweise in dem hohen planerischen und redaktionellen Zeitaufwand sowie dem Identifizieren einer freien Marktnische bzw. der wahrscheinlich aufwendigen Verdrängung von Wettbewerbern.

Die Philosophen

Die Philosophen sind Zweifler, eher Denker als Macher, sie hinterfragen sich, ihre Umwelt, ihr Handeln sowie mögliche Konsequenzen; ein Zusammenspiel, was in der Contentproduktion eher eine hinderliche Kombination sein kann.

Sie stellen sich Fragen:

  • Wer bin ich?
  • Wie werde ich wahrgenommen?
  • Habe ich überhaupt etwas zu sagen?

Sie stellen fest:

  • Das liest doch niemand.
  • Das können andere besser als ich.
  • Heute arbeite ich noch daran, morgen ist es fertig.

Das Ergebnis kann man sich vorstellen. Ungepflegte Blogs, verwaiste Social Media Profile – und wenn dann doch mal etwas wichtiges, spannendes, mehrwertiges veröffentlicht wird, ist niemand da, der davon erfährt.

Doch auch für die Philosophen gibt es einen Ansatz, sich den möglichen Inhalten zu nähern, ebenfalls über Fragen:

  • Worüber will man schreiben? #Interesse
  • Worüber weiß man mehr als anderen? #Reputation
  • Worüber muss man (eigentlich) schreiben? #Verkaufen

Die so generierten Themenfelder bilden im Idealfall eine Schnittmenge, die man mit Leben bzw. Publikationen befüllen kann. Gerade der Zwang, der in der letzten Frage mitschwingt, befreit von möglichen bestehenden, falschen Hemmungen, da jede Veröffentlichung, das eigene Profil nicht verdrängt sondern aktiv einbezieht.

Reaktion statt Redaktion

Auch unabhängig vom Content-Typ ist meiner Meinung eine klare, vollständige Trennung von Spontaneität und Planung weder nötig noch möglich, auch weil in den sozialen Echtzeitmedien inkl. erwarteter oder selbst erstellter Beiträge, eben nicht alles planbar ist und es dem Dialog auch eher abträglich wäre.

Stattdessen geht es um die Verteilung abhängig vom Stand der individuellen Entwicklung und Vertrautheit. Je neuer ein Kanal oder ein Medium bzw. der Umgang damit ist, desto hilfreicher ist natürlich ein Redaktionsplan, an dem man sich festhalten, dem man folgen kann, der aber nur das Grundgerüst für einen Reaktionsplan darstellen sollte. Zusätzlich können Vorlagen sowie Textbausteine für erwartbare oder mit der Zeit gesammelte Fragen, Anmerkungen und Situationen festgehalten werden.

Doch die Magie eines Reaktionsplanes entsteht erst dann, wenn die fortlaufende Marken- und/oder Unternehmensgeschichte darin einfließt. Dabei geht es auch aber nicht nur um Erfolge, Produktneuheiten oder Veranstaltungen. Es geht um Reaktion nach innen und außen.

Als Sprachrohr des Absenders darf der jeweilige Redakteur aus juristischen oder strategischen Gründen vielleicht nicht alles sagen, aber er muss alles wissen. Nicht nur zum jeweiligen Produkt oder der Dienstleistung, sondern auch und gerade aus der Entwicklungs- und Personalabteilung, dem Product Management, der Kundenpflege und der Produktion selbst, von Fehlschlägen, Prozessoptimierungen sowie Mitarbeiterstrukturen und -persönlichkeiten; Dinge, die sich zu jeder Zeit in jeder unternehmerischen Konstellation ändern.

Denn diese Änderungen haben Gründe und vor allem stehen sie für Ziele, die eine Marke oder ein Unternehmen erst ausmachen, ihnen nicht nur ein Gesicht geben, sondern vor allem Themen für bestimmte Phasen automatisch setzen.

Es geht um Steilvorlagen für die jeweilige Redaktion, Vergangenes aufzugreifen, Aktuelles zu erklären sowie für Zukünftiges zu begeistern und es sind Möglichkeiten, die oben beschriebenen Stereotypen aufzubrechen bzw. zusammen zu führen: das Ideologische vom Alchemisten, das Pragmatische und Praktische vom Mathematiker, das Visionäre des Architekten und das Sinnstiftende des Philosophen.

Man muss ’nur‘ noch die Ressourcen für die Regelmäßigkeit von neuem Content mit sich, dem Team oder dem Auftraggeber absprechen, der Inhalt kommt dann von fast von allein …

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What’s the Story?! – zur Blogparade von Caroline Kliemt.
Agenda 2020: Essenskultur. – zur Blogparade vom Social Media Dinner.