Gerade im Jahr der vermeintlichen Ankunft von Michael J. Fox aus Zurück in die Zukunft II werden Sehnsüchte und Aussichten von Visionären und Sience-Fiction-Autoren bezüglich vernetzter Dinge, Geräte, Hologrammen vermehrt zitiert und neu beschworen.

Es soll die Steigerung der sozialen Vernetzung sein, die als Web 2.0 vor knapp zehn Jahren aufkam. Dabei ist diese noch gar nicht abgeschlossen, sondern erfährt weiterhin neue Entwicklungen und Möglichkeiten.

Sicher, die Social Media Nutzerzahlen in den den Industriestaaten stagnieren (oder sind in Deutschland sogar rückläufig), die Möglichkeiten der rein technischen Weiterentwicklung sind damit auf den ersten Blick faszinierender und dominieren entsprechend die Berichterstattung: kommunizierende Küchengeräte, selbstfahrende Autos, Sondenselfies auf dem Mond, Internet auf dem Mars …

Diese Flucht nach vorn basiert auch auf der bestehenden Zweiklassengesellschaft im und am Netz. Die einen, denen die Entwicklung nicht schnell genug geht, die anderen, die nicht mehr folgen können oder wollen, weil sie sich unter anderem von Geheimdiensten, Staatsschützern und Werbetreibenden verfolgt fühlen.

Darüber hinaus beklagen Medien die Schnelllebigkeit und die Gratiskultur im Netz, Echtzeit-Trolle widerum schimpfen über die Online-Medien – im doppelten Sinn -, wobei diese Trolle bei gemäßigteren Nutzern und Nicht-Nutzern als Schmierfinken auf der angeblichen Klowand des Internets gelten. Nicht ohne zu ergänzen: dass auf der Toilette doch wohl die Privatsphäre gelten sollte. Der Kreis zur gefühlten und tasächlichen Überwachung schließt sich.

Und die es besser wüssten, besser machen könnten, ziehen sich als gefühlslose Nerds beschimpft, in eigene, kleine Echokammern in ihren Elfenbeinturm zurück.

The Internet of Humans is not dead

Abgesehen von der Binse, dass mehr Dialog, mehr Wissenstransfer, mehr Austausch sinnvoller ist als weniger von alledem, wird die Kommunikation direkter und effektiver, wenn Messengerdienste sozialen Netzwerken den Rang ablaufen, wenn nicht mehr Absender oder Medium, sondern der Inhalt wichtiger wird, wenn Netzwerke, Tools und Apps demokratischer werden und für mehr genutzt werden als für ca. neun Gags (sic!).

So haben sich Facebookgruppen gebildet, die sich nicht nur gegen Fremdenfeindlichkeit richten und organisieren, sondern die konkrete Initiativen aufgebaut haben; zum Beispiel für Spendenaufrufe für und gemeinsame Veranstaltungen mit Flüchtlingsheimen.

Und auf Plague ist ein Netzwerk entstanden, das ein virale Verbreitung von Werbung, Spam, Porno, Gewalt, Hass verhindert. Den Weg der Verbreitung ebnen ausschließlich die Nutzer selbst oder lassen es, wenn sie sich persönlich oder intellektuell belästigt fühlen – die oft belächelte Schwarmintelligenz scheint tatsächlich zu funktionieren. Hinzu kommt, dass hier auch die Kommunikation in den Kommentaren nahezu frei von Beleidigungen und Verunglimpfungen ist.

Anders als auf Youtube. Doch welche Macht und Möglichkeiten hinter der reichweitenstarken Videoplattform stehen, beweisen die Stars des Netzwerkes, die eher für Schminktipps, abgefilmte Videogames und Einblicke in ihr normales Leben berühmt wurden.

Unter #YouGeHa (Youtuber Gegen Hass), haben sie sich ohne externe Auftrag- und Ideengeber zusammen geschlossen und präsentieren in diesen Tagen Filme, die sich nicht nur gegen Pegida und ihre Ableger richten sowie terroristische und islamistische Anschläge verurteilen, sondern Hass gegen Menschen im Allgemeinen zum Thema haben.

Wie die aktuelle Entwicklung der Technik, auch für eine Verbesserung der Lebenssituation sorgen kann, ohne den sozialen, direkten Austausch zu umgehen (z.B. Google Image Translator), zeigt die App BeMyEyes. Hier können sich – momentan nur über iPhone – sehbehinderte Menschen anmelden und sich per Mobiltelefon mit Helfern telefonisch verbinden.

Diese erhalten anschließend Zugriff auf die Kamera des Anrufenden und sind so in der Lage, die Umgebung, Bilder sowie Schilder und Wege zu beschreiben, bei der Kleider- oder Menüauswahl zu helfen und eben nicht nur etwas Gutes zu tun, sondern den eigenen Horizont erweitern, wenn sie andere Menschen weltweit kurz begleiten oder sich langfristig mit ihnen vernetzen. Aus ‚leih mir dein Ohr‘ wird ‚leih mir dein Auge‘ (offizieller Slogan: Lend your Eyes to the Blinds).

Die App ist non-profit und open-source und finanziell wohl auch noch mindestens ein Jahr gesichert, eine weitergehende Finanzierung soll über Spenden ermöglicht werden.

Fazit:

Internet of Humans, als globale oder zumindest überregionale Vernetzung sowie direkte Kommunikation über soziale Medien ist weder rein stumpfsinnig, noch vom Aussterben bedroht. Das Internet der Dinge ist eine Bereicherung für das immer noch funktionierende und notwendige Netz der Menschen.

Kannste auch lesen:

Wie Facebook (wieder) Entwicklung und Nutzung des Internets vorantreibt (6. Januar 2015)
Dem Social Network Plague die Karten gelegt (10. Dez. 2014)